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Dessau

Warum der Stadtpark von Dessau?

 

Am Anfang des Projektes wurde uns immer wieder die Frage gestellt: Warum der Stadtpark von Dessau, was ist das Besondere an diesem Park? Es gibt nichts Exklusives was sofort auffällt. Aber vielleicht ist es genau dieses Banale das uns überall begegnet und wir die oft überwältigende Macht darin gar nicht mehr erkennen. Diese Orte existieren zu tausenden mit dem Charme des Unspektakulären. Also warum nicht der Dessauer Stadtpark?

Es ist ein kleines, überschaubares Areal mitten in der Stadt. Er hat nichts aufregendes zu bieten, eher die übliche Möblierung mit Bänken, Brunnen, Imbiss und Spielplatz. An einigen Stellen befinden sich diverse Skulpturen und Erinnerungsmale. Auffallend ist jedoch die Gleichgültigkeit der Bevölkerung gegenüber ihrem Park, oft hatten wir den Eindruck das es gilt, ihn so schnell wie möglich zu durchqueren. Bis auf wenige soziale Randgruppen scheint er für den Rest der Bevölkerung keine Aufenthaltsqualitäten zu besitzen. Es war der subjektive Eindruck eines Parks mitten in der Stadt, wunderschön gelegen und doch kaum wahrgenommen. Bei einem Besuch im Sommer und der Lust sich in einen Biergarten zu setzen war die Verwunderung um so größer als wir im Teehäuschen die einzigen Gäste waren. Natürlich, Biergärten sind nicht das non plus ultra funktionierender öffentlicher Räume, ebenso kann ein erster Eindruck nicht verallgemeinert werden. Es entsteht jedoch ein Bild das man entweder so stehen lassen kann oder zum Anlaß weiterer Überlegungen nimmt. Wir haben uns für das Letztere entschieden und somit für den Stadtpark von Dessau als eine Möglichkeit allgemeine Überlegungen über die Problematik öffentlicher Räume auf eine konkrete Situation zu beziehen.

In die mediale Öffentlichkeit geriet der Park im Sommer 2000. An diesem Tag ermordeten rechtsradikale Jugendliche, keine Dessauer, einen mosambikanischen Mitbürger im Stadtpark. Eine Welle der Empörung durchzog nicht nur Dessau, sondern das ganze Land. Alle möglichen Rituale wurden sofort aktiviert. Ein weiteres Erinnerungsmal wurde dem Park zugeführt, der Bundeskanzler kam und legte ein Kranz nieder, Udo Lindenberg besuchte die Witwe des Ermordeten.
Bei allen Diskussionen fiel kein Wort über die Beziehung zwischen Straftat und Park. Sicher, diese Tat hätte an jeder Straßenecke überall in diesem Land stattfinden können. Aber die periphere Lage des Ortes als Schattenzone im Zentrum einer Stadt verstärkte den zuvor gewonnenen Eindruck.
Anschließend wurden Videokameras installiert um diesen Raum besser überwachen zu können. Eine Intervention die Befürworter und Gegner fand und für uns noch einmal die ganze Problematik des Parks aufzeigte. Es hatte sich in den letzten Jahren hier eine Drogendealerszene etabliert, die den Rest der Bevölkerung verdrängte. Wohl auch deshalb die Überwachung. Doch auch hier stellten sich Fragen: Haben sich die Dessauer nicht vorher zurückgezogen? Wie ist der Park im Bewußtsein der Bevölkerung verankert?

Die Problemstellungen sind sehr komplex und stellen ein Geflecht unterschiedlicher Ebenen dar. Dies betrifft politische und wirtschaftliche Bereiche aber auch gesellschaftliche Entwicklungen. Der öffentliche Raum hat sich in den letzten Jahrzehnten stark verändert. Abgesehen von einem Rückzug ins private und einer einsetzenden Nomadisierung der Gesellschaft durch Verlust von Arbeit vor Ort und der somit abnehmenden Identifikation mit der Stadt, in der man lebt, hat der virtuelle öffentliche Raum des Internet entscheidend zur Umwertung des Realen beigetragen. Die Plätze haben sich gewandelt.

Die Situation des Parks hat sich mit der einsetzenden Videoüberwachung nicht grundlegend verändert. Von der Bevölkerung ist er nicht angenommen. Auch diverse künstlerische Aktivitäten, wie die Umgestaltung des großen Springbrunnens mit dem Titel »Stadtgespräch« tragen nicht wesentlich zur Erhöhung der Aufenthaltsqualität bei. Darum stellte sich für uns vordringlich die Frage nach dem Stadtpark als öffentlicher Raum im Geflecht der städtischen Situation und mögliche integrative Interventionen, die den Stadtpark als Teil eines Ganzen begreifen.

Über die Problematik des Stadtparks als öffentlicher Raum und den daraus folgenden Themen wollten wir also ins Gespräch kommen, das Gespräch als zentrales Anliegen und als ein erster Schritt um sich dem schwierigen Thema zu nähern. Ein Gespräch auch deshalb, weil wir uns nicht als diejenigen verstanden, die von außen kommend irgendetwas besser wissen, sondern in der Auseinandersetzung mit den unterschiedlichsten Menschen eine Grundvoraussetzung für alles weitere sahen. Ein Gespräch, das im besten Fall »nur« Spuren im Kopf hinterläßt, nichts Materielles und nichts zum Anfassen. Davon existiert zunächst genug.
Diese Herangehensweise war für uns ein Weg ohne die Sicherheit damit ein bestimmtes Ziel zu erreichen. Es war der Versuch die Sprache als adäquates Arbeitsmittel in einen durch Bilder geprägten öffentlichen Raum zu bringen. Denn wenn sie sich zurückzieht verkümmert dieser ebenso

buero für integrative kunst


 

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  Das buero im Gespräch über die Videoüberwachung des Stadtparks in Dessau und die Erfahrungen der Projektarbeit vor Ort...
Warum Dessau?
Programm
Reaktionen
Interview
   
  Es ist Realität, denn der Rückzug in private Räume hat längst stattgefunden...
Jörg Amonat
   
  Unterstützt wurde das Projekt »parkTV« durch das Stipendium des Bayerischen Staatsminsteriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst, sowie...
Projektunterstüzung
   

  Quicktime VR Panoramen vermitteln ihnen einen visuellen Eindruck des Stadtparks durch eine 360 Grad Perspektive. Informationen zur Bedienung von Quicktime finden sie in der Hilfe.
Panorama 1 (4 Mb)
Panorama 2 (600 Kb)
Panorama 3 (600 Kb)

 

Der Mord im Park

»Also packten sie Alberto Adriano, schlugen ihn nieder und traten so lange auf ihn ein, bis er sich nicht mehr bewegen konnte. Dann zogen sie ihm seine Kleider aus und ließen ihn einfach liegen, hier am Rand des Stadtparks von Dessau, reglos, blutüberströmt, nackt.

Der OB scheint weniger wegen der rechten Gewalt, als vielmehr um das Image der »Bauhausstadt im Gartenreich« (Eigenwerbung) besorgt: Was geschehen ist, sei schlimm, aber die mutmaßlichen Täter kämen ja gar nicht aus Dessau, sondern aus dem benachbarten Wolfen und dem brandenburgischen Bad Liebenwerda; in anderen Städten sei das rechtsradikale Gewaltpotenzial ohnehin weitaus größer, in Dessau hätten Ausländer und Einheimische bisher problemlos zusammengelebt, das würde auch in Zukunft so sein, und jetzt ginge es darum, den Imageschaden möglichst klein zu halten.«

 

 
Automatische Textzusammefassung. Aus:
Die Welt

 


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